Die Schilddrüse: Kleines Organ – große Wirkung auf Gesundheit, Gewicht & Psyche
Als „ein kleines Organ mit großer Wirkung“, beschreibt Dott. Thomas Platzer die Schilddrüse. In der neuen Folge des Podcasts Gesund werden, gesund bleiben spricht er mit Host Timon Hartung über die zentrale Funktion der Schilddrüse – und warum so viele Schilddrüsenerkrankungen unerkannt bleiben.
Die Schilddrüse: das unterschätzte Schmetterlingsorgan
Die Schilddrüse (auch: Thyroidea) liegt im vorderen Halsbereich unterhalb des Kehlkopfes direkt an der Luftröhre. Sie ist schmetterlingsförmig und sehr klein. Und doch hat dieses oft übersehene Organ einen großen Einfluss auf unseren Körper. Sie beeinflusst und reguliert beispielsweise unseren Stoffwechsel, das Nervensystem und sogar unsere Psyche.
Was macht die Schilddrüse so wichtig?
Die Schilddrüse ist Teil eines fein abgestimmten hormonellen Netzwerks, inklusive Hypophyse und Hypothalamus. Sie bildet die Schilddrüsenhormone T3 (Trijodthyronin) und T4 (Thyroxin), die fast alle Körperzellen beeinflussen. Weiterhin bildet die Schilddrüse über ihre C-Zellen das Hormon Calcitonin, das den Kalziumstoffwechsel beeinflusst.
Auch spannend: Nicht nur die Schilddrüse selbst, sondern auch Leber, Nieren und Muskeln wandeln mithilfe des Enzyms Dejodase das T4 in aktives T3 um.
Dott. Platzer beschreibt es im Podcast bildlich: „Die Schilddrüse ist wie das Stellwerk am Ostbahnhof – wenn das ausfällt, kommt der ganze Verkehr ins Stocken.“
TSH, T3, T4: Was sagt der Blutwert wirklich?
Viele Ärzt:innen messen bei einem Schilddrüsen-Bluttest beim Hausarzt nur den TSH-Wert, also das Thyreoidea-stimulierende Hormon. Doch laut Dott. Platzer reicht das nicht aus: „Das ist, als ob man bei einem Zugunglück nur die Gleise anschaut, nicht aber den Zug selbst“, sagt er. Für eine sinnvolle Schilddrüsendiagnostik braucht es auch:
- das T3/T4-Verhältnis (idealerweise 1:3 bis 1:4)
- Reverse T3, ein blockierender Gegenspieler von T3, sowie
- Autoimmun-Antikörper wie Anti-TPO, Anti-TG, Anti-TSH-Rezeptor
Nur durch diese Werte kann man unterscheiden, ob eine Unterfunktion der Schilddrüse (Hypothyreose), eine Überfunktion der Schilddrüse (Hyperthyreose) oder eine Schilddrüsenentzündung vorliegt. Auch eine Vergrößerung der Schilddrüse (Struma) lässt sich per Ultraschall feststellen.
Häufig unerkannt: Hashimoto-Thyreoiditis & Morbus Basedow
Hashimoto: Die stille Entzündung
Bei der Autoimmunthyreoiditis Hashimoto zerstört das Immunsystem fälschlicherweise nach und nach das Schilddrüsengewebe. „Das Gewebe wird zerklüftet und verliert seine Funktion – man sieht das im Ultraschall ganz deutlich“, erklärt Dott. Platzer. Dies führt langfristig zu einer Schilddrüsenunterfunktion. Eine Heilung im klassischen Sinn gibt es nicht, aber durch gezielte Gabe von Schilddrüsenhormonen (z. B. L-Thyroxin) sowie Nährstoffe wie Selen, Zink und Omega-3 lässt sich der Krankheitsverlauf stoppen.
Morbus Basedow: Die Überfunktion mit Herzrasen
Im Gegensatz liegt bei Morbus Basedow eine Überproduktion von Hormonen vor, eine Schilddrüsenüberfunktion. Sie wird oft begleitet von Nervosität, Schlaflosigkeit oder Gewichtsverlust. Durch entzündetes Fettgewebe hinter dem Augapfel können auch hervorstehende Augen auftreten. Wichtig sind eine schnelle Diagnose und Behandlung, zum Beispiel mit Medikamenten, Radiojodtherapie oder, in seltenen Fällen, einer Operation.
Schilddrüse & Gewicht: Warum trotz L-Thyroxin keine Kilos purzeln
Die Hoffnung, über die Schilddrüse abnehmen zu können, führt zu dem weit verbreiteten Missverständnis, dass man mit Schilddrüsenhormonen automatisch abnimmt. „L-Thyroxin ist kein Abnehmhormon“, stellt Dott. Platzer klar. Entscheidend ist das Zusammenspiel mit dem Insulinspiegel und der wird vor allem durch Ernährung beeinflusst. Hierbei ist es besonders wichtig am Abend auf Kohlenhydrate zu verzichten, um die Fettverbrennung nicht zu blockieren.
Mikronährstoffe: Jod, Selen, Omega-3 &
Vitamin D
Jod ist essentiell für die Bildung von T3 und T4. Bei einem Jodmangel kann es zu einer verminderten Hormonproduktion kommen. Aber auch zu viel Jod kann bei bestehenden Erkrankungen problematisch für die Schilddrüsenfunktion sein.
Ebenso wichtige Mikronährstoffe sind:
- Selen (z. B. in Paranüssen oder als Nahrungsergänzung)
- Vitamin D3, das eng mit der Schilddrüsengesundheit verknüpft ist
- Omega-3-Fettsäuren (am besten aus Fisch oder hochwertigen Ölen)
„Ein teures Ei mit Omega-3 ist immer noch günstiger als das billigste Steak, aber viel gesünder“, so Dott. Platzer.
Psyche & Schilddrüse: Mehr als nur Hormone
Depressionen, Burnout oder chronische Erschöpfung – all das kann mit einer Schilddrüsenfunktionsstörung zusammenhängen. Studien zeigen, dass bei bis zu 25 % der wegen Depression behandelten Patient:innen eine Schilddrüsenproblematik beteiligt ist.
Was tun bei Verdacht auf Schilddrüsenprobleme?
Wenn Sie unter Symptomen wie Gewichtsschwankungen, Müdigkeit, Haarausfall oder Stimmungsschwankungen leiden, lohnt sich ein Schilddrüsen-Check. Dott. Platzer empfiehlt die
- TSH, T3, T4, Reverse T3 und Antikörper im Blut zu messen,
- einen Ultraschall der Schilddrüse durchführen zu lassen,
- und vor allem einen Arzt oder eine Ärztin zu suchen, welcher „den Menschen und nicht nur die Laborwerte behandelt“.
Schilddrüse ganzheitlich betrachten & nicht isoliert behandeln
Schilddrüsenerkrankungen gehören zu den häufigsten hormonellen Störungen. Ob Hashimoto, Kropf durch eine vergrößerte Schilddrüse (Struma), Schilddrüsenkrebs oder Schilddrüsenunterfunktion: Entscheidend ist eine fundierte Diagnostik und eine individuell abgestimmte Behandlung. Deshalb ist der ganzheitliche Blick von Dott. Platzer so wichtig. Ernährung, Mikronährstoffe, Stress, Psyche, das alles spielt zusammen. Wer das versteht, kann Schilddrüsenerkrankungen besser erkennen und gezielter behandeln.
Denn: Die Schilddrüse ist zwar klein, aber sie reguliert mehr, als man auf den ersten Blick vermuten würde.
